(Gemeinde-Nachrichten)
Für all die Leser, die noch nicht wissen, was sie am Wochenende unternehmen sollen, hier ein kurzer Ausschnitt aus einem Entwurf zu „Der Geizige" von Molière, entdeckt im Frühjahr 1988 in der Gemeindebücherei zu Bammental:
Cléante: Gut, daß ich dich hier allein treffe, liebe Schwester. Ich brenne darauf, mit dir zu sprechen, ich muß dir ein Geheimnis anvertrauen.
Elise: Ich bin bereit, es zu hören, lieber Bruder. Was hast du auf dem Herzen?
Cléante: Sehr viel, liebe Schwester, und doch läßt es sich mit zwei Worten sagen: ich liebe!
Elise: Du liebst?
Cléante: Ja, ich liebe, ich liebe das Theater und muß doch gestehen, daß hier auf dem Lande meine Leidenschaft mehr und mehr gepeinigt wird, gibt es doch kaum noch Komödien. Dramen oder wenigstens Bauerntheater!
Elise: Ach, liebster Bruder, so vernimm zu deiner Beglückung, daß der Theaterverein Goukelkappe am Wochenende den „Geizigen" von Molière in der alten Turnhalle in Bammental. sowohl am Freitag als auch am Samstag um 20.00 Uhr spielt!
Cléante: Oh liebste Schwester, kennst du denn die süße Gewalt. die deine Worte auf mein Herz ausüben? Und doch weißt du nur zu genau, daß wir zu leiden haben unter dem Geiz des Harpagon, unseres Vaters, und daß er in der Blindheit seines Geizes sicher keinen Taler für einen Theaterbesuch herausrücken wird.
Elise: Ja, ich verstehe zur Genüge, wie dich das schmerzen muß. doch kann ich deinen Kummer schmälern, wenn ich dir nur sage, daß der Theaterverein nur 6 DM Eintritt verlangt, und daß der Ermäßigte gar nur 4 DM berappen muß und ..
Cleante: Mehr noch?
Elise: ... und daß der Preis für solche Sinnesfreude sich nochmals um eine Mark schmälert, wenn du bei Tabakwaren Beck eine Karte im Vorverkauf erwirbest!
Cleante: (glücklich) So vernimm denn, liebste Schwester, daß ich für dieses Wochenende meine Bestimmung erkannt habe ...
(Vorhang)
(Michael Memde)