(Gemeinde-Nachrichten)
Theaterdonner in Bammental
„Mutter Courage und ihre Kinder" mußte es sein beim traditionellen Theaterwochenende des Theatervereins „GoukeIkappe" am 6. und 7. November in der TV-Halle. Nichts weniger als dieser mehr als 100 Seiten starke Klassiker von Bertolt Brecht war die diesmalige Herausforderung der Bammentaler Theatermacher - just zu den diesjährigen Jubiläen von Brechts 100. Geburtstag und dem 350. Jahrestag des Westfälischen Friedens.
Aber nicht nur die zu lernenden Rollen, der gesamte Umfang dieser Mammutaufführung ist rekordverdächtig: mehr als 20 Schauspieler/innen wurden benötigt, wollten ausstaffiert sein und ihren Platz auf der - doch gar nicht so großen - Bühne zugewiesen bekommen. Noch einmal die gleiche Anzahl an Helfern (vor und hinter der Bühne) wurde benötigt zu dem Erfolg, der es dann schließlich nach mehr als einem Jahr Vorbereitungen wurde; Von den Beleuchtern über die Kulissenschieber bis hin zur souverän spielenden Klavierspielerin, jeder hatte sein eigenes Programm, das ja so mit dem der anderen abgestimmt sein musste, damit die Aufführung sich als Ganzes präsentiert. Und wer schon einmal die Termine von vier berufstätigen Erwachsenen zu koordinieren versucht hat, der wird sicher den Hut ziehen ob dieser organisatorischen Meisterleistung, die benötigten 45 Akteure mindestens zur Generalprobe und zu zwei Aufführungen zusammenzubringen. Also wirklich: Hut ab!
Das Stück selber, ein Anti-Kriegsstück, von Brecht in Vorahnung des nahenden 2. Weltkrieges geschrieben, zeigt am Beispiel der „Mutter Courage" genannten Marketenderin, daß nichts ist mit „einfach nur Geldverdienen" am Krieg - ohne auch deftige, eigentlich so ja garnicht gewollte Opfer bringen zu müssen. Mutter Courage will ja nichts anderes, als sich und ihre Kinder durchbringen. Aber eben durch die verlockenden, hohen Gewinnspannen des Krieges. Am Ende verliert sie alle ihre drei Kinder durch den Krieg. Eigentlich aber auch garnicht so unaktuell, dieses Thema, wenn man an den heutigen Umgang mit Risikotechnologien denkt, deren Nutzung genausowenig „unschuldig" sein kann, wie das Geldverdienen am Krieg ...
Diese anspruchsvolle Stück also wurde von den Regisseurinnen Christel Herold-Mende und Irmela Müller-Wulff mit einer Mischung aus talentierten Jungschauspielern und routinierten alten Theaterhasen eindrücklich und fesselnd inszeniert. Großen Anteil am Erfolg des ganzen Stückes hatte sicher Waltraud Vögele in der umfangreichen und tragenden Rolle der Mutter Courage. Aber auch alle anderen Schauspieler konnten ihre Rolfen einfühlsam und glaubwürdig interpretieren. So gab's denn Höhepunkte am Fließband: Angefangen von den mit Trommelwirbel untermalten Szenenansagen (Anton Vögele) Über die in Brecht'schem Stil mit live-Klavierbegleitung (Almut Müller-Bernhardt) vorgetragenen Lieder, und da vor allem die gelungenen Sologesänge von Mutter Courage und Yvette (Irmela Müller-Wulff), die vielen stimmigen Dialoge und Monologe, einige Szenen des Feldpredigers (Michael Mende), in denen die Dramatik durch passende Situationskomik noch unterstrichen wurde, die Redeversuche der verschüchterten, stummen Tochter (Stefanie Bittner), das im Action-Stil inszenierte Finale, bei dem die Tochter erschossen wird, und nicht zuletzt die erst in der Nachspielzeit gezeigte Raserei des Soldaten (Thomas Pachunke) wegen eines vorenthaltenen Trinkgeldes. Insgesamt also ein spannendes und genußvolles Theatererlebnis an diesem Abend.
Und das sicher nicht nur allein für die Zuschauer, sondern auch für die - so sollte man vermuten - durch die vielen tosenden Applausstürme von Wonneschauern geschüttelten Schauspieler und sonstigen Macher dieses Spektakels. Die Freude am Spielen und Vorführen war jedenfalls das Gewürz, das dem tollen schauspielerischen Können noch die letzte Würze gab. Die gelungene Aufführung war ein echter kultureller Jahreshöhepunkt. der mal wieder Lust auf weitere Aufführungen macht.
(Bernhard Schulte-Kemna)