(Gemeinde-Nachrichten)
"Anstreicher sind vergesslich"
Mit dem 11. September hat sich die Welt verändert. Es gibt keine Kerwe, kein Volksfest, keine Feier, die nicht in vorauseilenden Presseberichten Abstriche aus den Tagesordnungspunkten der Spaßgesellschaft ankündigt.
Und ich, Hofberichterstatter der Goukelkappe, habe die Aufgabe, die Kraichgauer Theatertage und dort drei Komödien zu promoten, von der Eröffnungsveranstaltung ganz zu schweigen.
Doch, wenn ich es mir recht überlege, sehe ich darin eigentlich kein wirkliches Problem. Denn sollten die Menschen aufhören, Komödien zu spielen, würden sie genau das tun, was jene sich auf Gott berufenden Wahnsinnigen erzielen möchten:
Dass wir den Trauerschleier überziehen und das Antlitz verhüllen.
Doch der Humor der Komödien ist kein zartes Pflänzchen, das nur bei bestem Wetter besteht und bei Gewitter nicht zu sehen ist.
Ganz im Gegenteil: Humor steht für Lebenslust und Wille zum Leben.
Als beispielsweise das NS-Regime schon hoch kanzerogen Deutschland erfasst hatte, stand Karl Valentin in München auf der Bühne, hob die rechte Hand zum Hitlergruß und erläuterte diese Haltung furchtlos mit den Worten: „Aufgehobene Rechte".
Lange Rede, kurzer Sinn: Komödien bedürfen zu keiner Zeit einer Rechtfertigung! Ganz im Gegenteil:
Humoristische Bühnenautoren decken meist gnadenlos auf, wie viel unglaubliche Dummheit der menschliche Affe in sich versammelt, wenn er hehre Ziele vorgibt!
Einen Hauch davon finden wir auch bei jener Witwe, deren seliger Giorgio bereits vor etlichen Jahren verstorben ist. Um ihn würdig in Erinnerung zu behalten, hat sie eine lebensechte Puppe konstruieren lassen, die dem Dahingeschiedenen absolut gleicht und tagein tagaus im besten Sessel der guten Stube thront.
Da kommen die Anstreicher ins Haus. Im Eifer des Gefechts passiert es, dass ihnen die Leiter entgleitet, und der Puppe genau auf das Haupt fällt. Da sich die Gestalt nicht mehr regt, gehen sie davon aus, ihn ermordet zu haben!
Einzige Rettung vor dem langen Arm des Gesetzes:
Der Geselle muss in die Rolle des vermeintlich ermeuchelten Hausherren schlüpfen, um die schändliche Tat so zu vertuschen.
Sie können sich sicher unschwer die skurrilen Verwicklungen vorstellen, die nun folgen.
Dario Fo's ,,Anstreicher sind vergesslich" ist Commedia dell'Arte der Spitzenklasse. Für die Freunde der Moliere-Zeiten der Goukelkappe sicher ein Leckerbissen.
Die kleine Bühne Neckargemünd, die sich größtenteils aus Bammentalern zusammensetzt, steht seit Jahrzehnten für Amateurtheater der Spitzenklasse.
Lassen Sie uns der „Stunde der Komödianten" als würdigem Abschluss der VI. Kraichgauer Theatertage beiwohnen!
Sehen Sie die,,Kleine Bühne" zum ersten Male in Bammental, am Sonntag, dem 28. Oktober, in der TV-Halle um 11.30 Uhr mit: „Anstreicher sind vergesslich".
(Michael Mende)