» Startseite    » News    » Stücke in Arbeit    » Chronik    » Presse-Archiv    » Links    » Kontakt & Impressum   

Login:

Nickname:

Passwort:


::
[ anmelden ]





 
 Chronik

 Faust 1. Teil » zurück zur Gesamt-Liste 
Autor: Johann Wolfgang von Goethe
Regie: Christel Herold-Mende
Irmela Müller-Wulff
Waltraud Vögele
Aufführungsort: Bammental, TV-Halle
Zeitraum: 2001-01-26 bis 2001-01-28

» Vorankündigung
» Kritik
» Darsteller (37)
» Bildergalerie (52)
» DVD-Informationen
 


 Kritik 
(Rhein-Neckar Zeitung, 1. Februar 2001)

Die Theatergruppe Goukelkappe überzeugte mit ihrer Faust-Inszenierung - Zwei Jahre Proben haben sich gelohnt.
Bammental. (nah) Anrührend und mitreißend ist die Inszenierung der Theatergruppe Goukelkappe von Goethes „Faust", die gleich drei Mal in der stets vollbesetzten TV-Halle gespielt wurde. Die Goukelkappe hatte sich an diesen Klassiker deutscher Bühnenkultur gewagt, dessen Texte in Versmaß von den Schauspielern exzellente Aussprache und ein Begreifen ihrer Aussage erfordert. Bleibt als positives Resümee festzustellen: Die mühevollen Proben, die sich über einen Zeitraum von zwei Jahren erstreckten, haben sich gelohnt. Den Besuch dieser Faust-Inszenierung brauchte man nicht zu bereuen.
Der Faust ist ein vielschichtiges Stück, das dem Publikum einiges an Unterhaltung bietet nicht zuletzt auch wegen der spektakulären Auftritte von Geistern, Hexen und Teufel sowie krachender Special Effects. Der alte Faust, trotz aller Gelehrtheit vergrämt und des Lebens überdrüssig, von Thomas Pachunke mit großem Engagement gespielt, zeitlebens auf der Suche nach dem gewesen, was die Welt im Innersten zusammenhält, bekommt durch den umtriebigen Teufel Mephisto - begeisternd dargestellt von Michael Mende - in Form einer Wette die Gelegenheit seines Lebens geboten. Allerlei Genüssen will Mephisto ihm zuführen, um ihn jenen Moment der Zufriedenheit erleben zu lassen, der Faust den Ausspruch entlockt „verweile doch, du bist so schön", um dann seiner Seele habhaft zu werden.
Nach einer Verjüngungskur bei der schrillen Hexe (Dorte Adams) wandelt Faust noch mal auf Liebespfaden, hingerissen vom unschuldigen Gretchen, für das in Stefanie Bitt ner die Idealbesetzung gefunden wurde. Sie verkörpert ganz das naive Mädchen, das dem verführerischen Charme des Faust erliegt, ebenso wie die dem Wahnsinn verfallene Kindsmörderin, die Faust vergebens aus dem Kerker zu befreien suche. „Heinrich mir graut's vor dir", hält sie ihm im Augenblick des Erkennens ihrer und seiner Schuld entsetzt entgegen und wählt den Weg der Hinrichtung und damit ihrer Rettung.
Ehrgeizig sind sie die Macher der Goukel kappe, und es ist ihr Anspruch, mit jeder Inszenierung noch ein Stück weiterzukommen. Die Regie (Christa Herold-Mende und Irmela Müller-Wulff) überzeugte durch eine gelungene szenische Ausgestaltung der Autritte, die ohne lange Pausen in rascher Abfolge der sich zuspitzenden Dramatik des Stückes gerecht wurde.
Das schlichte karge Bühnenbild (Marion Neubauer, Uwe Lay), das durch ansprechende Beleuchtung/Special Effects (Kay Leibert, Falk Tuchlinski, Stefan Schübel) die jeweilige Atmosphäre treffend wiedergab, passte ebenso zu dieser Inszenierung wie Kostüme (Anne-Dorothee Wüst) und Maske (Sigrun Heinrich, Gabi Vögele, Karl Hilger, Lena van Bebber).
Einen starken Auftritt hatte die fröhliche Trinkrunde in Auerbachs Keller mit Frosch (Jochen Karcher), Brander (Rainer Lochthowe), Siebel (Uwe Lay) und Altmayer (Robert Schlabs). Beeindruckend mit kupplerischem Fingerspitzengefühl agierte Waltraud Vögele als Gretchens Nachbarin Marthe, und dem Wagner gab Garsten Günter einfühlsames Gepräge.
In den weiteren Rollen, die allesamt sehr ausgefeilt und engagiert dargeboten wurden, waren Thilo Lochthowe, Tim Leibert, Anneliese Hessenauer, Ann-Kathrin Lochthowe, Nicole Ebinger, Carolin Jakoby, Irmela Müller-Wulf, Silke und Melanie Heinrich zu sehen. Bleibt noch den trefflichen Musikant Bernd Segnitz zu erwähnen, der auch für Komposition, Musik und Soundeffekte gemeinsam mit Holger Segnitz verantwortlich zeichnete.
Die Goukelkappe kann zu Recht stolz auf die Aufführungen sein, mit denen, wie im informativen Programmheft nachzulesen ist, der vorläufige Endpunkt einer Aufwärtsentwicklung erreicht ist. Oder ist die Theatergruppe doch noch weiter steigerungsfähig?



(Gemeinde-Nachrichten, 9. Februar 2001)

"Es irrt der Mensch solang er strebt"
Welch ein mutiges Wagnis für eine Amateurtheatergruppe, sich an dieses Werk, vielleicht das deutsche Drama schlechthin, heranzuwagen, es vom bildungsbürgerlichen Sockel herunter, hinein in die Bammentaler Turnhalle zu holen.
Und so konnte es auch den Zuschauern nahegebracht werden, die "den Faust" nicht in der Schule durchgekaut hatten - oder ihn gar in der Schule vermiest bekamen.
Um es vorwegzunehmen - Dieses Wagnis hat sich gelohnt und verdient uneingeschränkte Anerkennung. Denn es war Goethes Absicht und er hat sie im "Vorspiel" zum Stück ausdrücklich formuliert, dass dieses Spiel den Zuschauer fesseln und unterhalten soll.
Betrachten wir die Faust-Inszenierung unter der Regie von Christel Herold-Mende und Irmela Müller-Wulff unter diesem Blickwinkel: Was hat uns gefesselt, was hat uns unterhalten?
Das erste Bild, der Prolog im Himmel, der quasi den "himmlischen Rahmen" für das irdische Stück absteckt, macht schon die Größe und die Schwierigkeit dieses Unternehmens deutlich: wann sieht man schon mal "den Herrn" (gespielt von Rainer Lochthowe), seine drei Erzengel (Jochen Karcher, Thilo Lochthowe, Tim Leibert) und den Teufel (Michael Mende) im Gespräch miteinander auf der Bühne?
Diese zentrale Szene erhielt in der Bammentaler Aufführung einen würdigen Rahmen.
Das einfache klare Bühnenbild (gestaltet von Marion Neubauer und Uwe Lay), die schlichten, aber den "erhabenen Figuren" angemessenen Kostüme (entworfen von Anne-Dorothee Wüst) lenken die Aufmerksamkeit des Zuschauers ganz auf den Text, den Lobgesang der Engel auf die Schöpfung und den Schöpfer.
Und da hinein platzt nun Mephisto, schwarz und rot gekleidet, ein starker Kontrast zu den ganz in weiß gehaltenen himmlischen Gestalten. Er schließt mit dem Herrn die berühmte Wette ab, wer von beiden wohl den Doktor Faust auf seine Bahn wird ziehen können.
Michael Mende, dem Publikum schon aus vielen Rollen bekannt, hat hier wohl seine (bisher) glänzendste und anspruchsvollste Rolle gefunden. Diesem teuflischen Schalk, gotteslästerlich und lüstern, voll Wortwitz und Ironie, respektlos und scharfzüngig, dem nichts heilig ist, dem Geist, der stets verneint und der alles in seinem Sinne zu (ver)drehen versucht - dem hat er in Sprache und Mimik überzeugend Gestalt gegeben und so den Zuschauer gefesselt und unterhalten.
Manchmal wirkt er fast zu sympathisch, zu menschlich, sodass die zerstörerische, menschen-, ja lebensverachtende Seite seines Wesens etwas zu kurz kommt.
Er bietet nun Faust seine Dienste an, als Gegenleistung will er Fausts Seele. Warum lässt Faust sich auf solch einen "Pakt" ein? Dieser hochgebildete, aber zutiefst deprimierte Wissenschaftler der Renaissancezeit (von Thomas Pachunke mit großem Ernst und sicherer Textkenntnis gespielt) sucht nach wahrer Erkenntnis. Er will begreifen, "was die Welt im Innersten zusammenhält" und stößt dabei immer wieder auf die Grenzen menschlicher Erkenntnisfähigkeit.
Mephisto hat ihm durchaus richtig beschrieben:"Vom Himmel fordert er die schönsten Sterne und von der Erde jede höchste Lust." Folgerichtig hält Faust Mephisto bei der Wette entgegen:"Das Streben meiner ganzen Kraft ist grade das, was ich verspreche.
...Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch, du bist so schön!
...Dann will ich gern zugrunde gehn."
Diese innere Zerrissenheit, der unstillbare Lebens- und Erkenntnishunger Fausts wird für den Zuschauer nicht überzeugend genug spürbar.
Thomas Pachunke hat seinen umfangreichen und schwierigen Text sehr klar und differenziert gesprochen, aber an entscheidenden Stellen war er zu leise, zu gleichförmig im Ausdruck. Da hätte ich mir mehr Leidenschaft und Lebendigkeit gewünscht.
Mephisto führt Faust zunächst in die kleine bürgerliche Welt, zu einem Trinkgelage in Auerbachs Keller. Dort führt er die grölenden Zecher (J. Karcher, R. Lochthowe, U. Lay und R. Schlabs) mit Zaubertricks an der Nase herum. Faust aber, angewidert von diesem derben Spiel wird nun in der Hexenküche verjüngt, um den kommenden Unternehmungen gewachsen zu sein. Diese Verjüngung scheint auch Thomas Pachunke gut bekommen zu sein, denn ab hier wirkt er viel vitaler und glaubwürdiger.
Das Stichwort Hexe ist nun gefallen, und die Hexen, vor allem Dorthe Adam mit ihren zwei köstlich verspielten Katzen Carolin Jakoby und Nicole Ebinger haben sicher das Herz des Publikums erobert.
In der Hexenküche und auf dem Blocksberg sprudelt es geradezu vor Vitalität und Lebenslust, vor Freude am magischen Spiel. Die Nonsens-Texte und obszönen Anspielungen werden genüsslich ausgekostet. Phantasievoll kostümiert und geschminkt, ergänzt durch bunte Lichteffekte wird eine Walpurgisnacht auf die Bühne gezaubert, bei der es selbst dem Meister Mephisto säuisch wohl wird.
Aber zurück zu Faust. Denn vor dieser bunt schillernden Walpurgisnacht begegnet Faust, dessen Sinneslust durch den Zaubertrank geweckt wurde, dem blutjungen, unschuldigen Gretchen. Nicht nur Faust gerät bei ihrem Anblick ins Schwärmen:"Beim Himmel dieses Kind ist schön. Sie ist so sitt- und tugendreich und etwas schnippisch doch zugleich." Auch der Zuschauer ist gefesselt von diesem einfachen und wahrhaftigen Mädchen, das von Stefanie Bittner so natürlich und überzeugend dargestellt wird.
Und wir sind ergriffen von ihrer tiefen, aber von Anfang an zum Scheitern verurteilten Liebe, denn wo Mephisto die Hand im Spiel hat, kann keine dauerhafte Liebe gedeihen.
Ganz deutlich wird dies schon beim ersten Rendezvous in Marthes Garten: Da wandeln zwei Paare über die Bühne, das eine, Faust und Gretchen, verzückt und überwältigt von ihrem jungen Liebesglück. Das andere, Mephisto und die bieder-frivole Frau Marthe, die auf ihre alten Tage noch scharf auf den Teufel ist. Wir sehen die Liebe und ihre groteske Parodie gleichzeitig auf der Bühne. Wie Waltraud Vögele diese ambivalente Figur der Marthe spielt, das ist wirklich ein Genuss.
Wir erleben nun in einem schnellen Wechsel von kurzen Szenen, wie Gretchen durch ihre Liebe schuldig wird am Tod der Mutter und des Bruders. Wegen ihrer unehelichen Schwangerschaft von der Gesellschaft geächtet, wird sie schließlich zum Kindsmord und in den Wahnsinn getrieben.
Ihr Gebet zur Mutter Gottes ("Neige, neige du Schmerzensreiche...") und ihr Zusammenbruch im Dom, diese beiden Szenen gehören zu den intensivsten Augenblicken des Abends. Die innere Not und Einsamkeit wird hier mit einfachsten Requisiten durch Lichteffekte (Kay Leibert, Falk Tuchlinski, Stefan Schuebel) und Musik (Bernd und Holger Segnitz) spürbar gemacht und Stefanie Bittner spricht ihren Text eindringlich und sicher, ohne je in die Gefahr von kitschigem Pathos zu kommen.
Die Liebesgeschichte von Faust und Gretchen erfordert vom Zuschauer viel Konzentration, denn er muss sich vieles zusammenreimen. Wie im Zeitraffer vollzieht sich diese Tragödie vor seinen Augen - von der ersten Werbung auf der Straße bis zum bitteren Ende im Kerker.
Für Regie und Bühnenbildner ist ein solch rasanter Orts- und Szenenwechsel keine leichte Aufgabe, aber sie wurde mit einfachem, den Spielort skizzierenden Requisiten und dem Wechsel zwischen Haupt- und Vorderbühne gelöst.
Die ergreifendste und von beiden Schauspielern überzeugendste Szene war für mich die Begegnung von Faust und Gretchen im Kerker.
Gretchen, mit wirren Haaren, zeitweise dem Wahnsinn verfallen, durchlebt noch einmal in verzerrten Visionen die Stationen der vergangenen Monate. Faust, den sie zunächst nicht erkennt, steht erschüttert und ohnmächtig daneben. Jetzt ist Thomas Pachunke ganz präsent und wir nehmen ihm ab, wie verzweifelt er seine Schuld wiedergutzumachen sucht. Aber er kann Gretchen nicht mehr erreichen, denn seine Liebe ist erloschen, nur Mitleid und Schuldgefühl trieben ihn noch einmal zu ihr zurück.
Gretchen aber bleibt sich und ihrer Liebe treu. Sie ist bereit, für ihre Schuld zu büßen und als Mephisto eintritt in "den heißen Ort" weist sie ihn und Faust von sich, übergibt sich der göttlichen Barmherzigkeit.
Das Stück ist -vorläufig- zuende. Aber Faust wird Gretchen wieder begegnen, wenn er am Ende des zweiten Teils, nach seinem Gang durch die "große Welt", schließlich auch gerettet wird. Denn: "Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen!" so sprechen die seligen Geister, die Fausts Seele im Jenseits in Empfang nehmen.
Sollte man so einen alten "Klassikerschinken" heute überhaupt noch spielen? Ich denke, ja! Denn die der Handlung zugrunde liegende "tiefere Bedeutung", Fausts Sehnsucht, die menschlichen Grenzen zu überschreiten, seine Rastlosigkeit, die ihn nie echte Zufriedenheit finden lässt - ist uns modernen Menschen das nicht sehr vertraut?
Goethe hat seinen Faust, trotz aller Sympathie, durchaus auch kritisch gesehen. Und Fausts Rettung am Ende ist nicht (nur) sein Verdienst, sie ist letztlich Gnade, das Werk der "Liebe von oben".
Können wir auch damit etwas anfangen?
Wird sich das heutige, an Begabungen reiche Team der Goukelkappe auch noch an diesen zweiten Teil heranwagen?
Für den ersten Teil erhielt es jedenfalls viel wohlverdienten Applaus!!!
(Christa Kleinbub-Dunkl)